70.3 Aix-en-Provence ProSeries

Aix-en-Provence 70.3 – Pro Series

 Was für ein Rennen!

Aix-en-Provence hat nicht nur mit einem hochkarätigen Teilnehmerfeld geglänzt, sondern auch mit einer atemberaubenden Strecke. Die 1,9 km Schwimmen im wunderschönen Lac de Peyrolles – mit dem Sonnenaufgang im Hintergrund – waren einfach magisch. Die 86 km mit 1000 Höhenmetern auf dem Rad führten durch die malerische Landschaft der Provence, und der abschliessende Halbmarathon durch die Altstadt, gesäumt von tausenden Zuschauenden, war Gänsehaut pur.

 Ich stand 30 Minuten vor dem Start am See – nervös, etwas unsicher, emotional. Durch meine Geschichte im letzten Jahr hatte ich fast acht Monate erzwungene Trainingspause, meine  Form war dahin. Aber Schritt für Schritt habe ich mich bis hierher zurückgekämpft. Aber eben, das Niveau ist gestiegen – besonders auf der Langdistanz! Während ich pausieren musste, hat sich das Feld weiterentwickelt. Und jetzt stehe ich da, neben Weltklasse-Athleten wie Kristian Blummenfelt und frage mich: Habe ich hier überhaupt noch eine Chance? Oder ist es an der Zeit, ein Karriereende ins Auge zu fassen? Doch dann kommt der Countdown. Die Nervosität verwandelt sich in Fokus. Das Horn ertönt – und los geht’s!

Ich erwische einen starken Start und schwimme nach der ersten Boje bereits auf Position 2–3 – sicher in der Spitzengruppe. Das Wasser sprudelt, Adrenalin pur – genau deswegen liebe ich diesen Sport.

Wir kommen als grosse Gruppe aus dem Wasser, doch ich weiß: Das wird nicht lange halten. Blummenfelt ist für sein hohes Anfangstempo auf dem Rad bekannt. Ich habe einen sauberen Wechsel, bin schnell in den Schuhen und trete direkt mit voller Power – 340 Watt von Beginn an, bei 180 Puls den ich noch vom schnellen Schwimmen habe. Am ersten Anstieg zerfällt die Gruppe. Leider befinde ich mich im hinteren Teil und verliere den Anschluss an die Spitze.

 Zum Glück bin ich ein starker Abfahrer. Ich übernehme in der Verfolgergruppe die Führung, gehe aggressiv in die Kurven, bremse spät und fahre alles, was geht. In der Fläche bin ich ausgepowert, doch Willy Hirsch übernimmt und bringt uns mit starkem Tempo wieder an die Spitzengruppe heran.

 Beim zweiten Downhill kann ich mich sogar von Platz 14 auf Platz 2 vorarbeiten – es läuft einfach perfekt, mein Handling ist top und mein TT-Rad hilft mir dabei. Doch dann passiert es: Die Kette springt ab, verklemmt sich unter dem Kettenblatt. Keine Chance, sie im Fahren zu lösen. Ich muss voll abbremsen, absteigen, die Kette rausreissen und alles neu justieren. Wertvolle Sekunden vergehen, die Spitzengruppe zieht vorbei.

 Ich bin frustriert – aber genau das gibt mir einen Extraschub. Mit Wut in den Beinen beschleunige ich, schliesse wieder auf und ziehe sogar direkt an vielen vorbei – ich weiss, der nächste grosse Anstieg steht bevor. Leider bin ich dort schon etwas über meinem Limit, verliere leicht den Anschluss. Aber auch hier: bergab hole ich wieder auf – sogar ein KOM auf Strava Zeitgleich mit Zepunkte zeigt, dass ich bergab sehr stark fahren kann.

In der T2 überhole ich noch ein paar Athleten, dann geht’s auf die Laufstrecke – 21 km und 180 Höhenmeter warten. Ich spüre, dass ich nicht mehr ganz so frisch bin wie noch letzte Woche beim GP Bern. Aber ich weiss: meine Laufform ist stark. Ich finde schnell meinen Rhythmus, laufe konstant und kontrolliert. Nur auf den letzten 3–4 Kilometern bekomme ich schwere Beine – es wird zäh, aber ich kämpfe.

Am Ende Platz 13 mit einer Pace von 3:24 min/km – in einem sehr starken Feld. Anfangs war ich etwas enttäuscht, doch jetzt weiss ich: Das war eine sehr starke Leistung. Ich brauche einfach noch etwas Zeit, um wieder an meine alte Topform heranzukommen. Aber das Gefühl, wieder gesund, glücklich und schnell durch die Gassen von Aix-en-Provence zu laufen – das war unbezahlbar!

 

Die Gedanken an ein Karriereende? Verflogen. Ich weiss jetzt: Ich habe noch eine echte Chance, ganz vorne mitzumischen.

 

Danke an euch alle für euren Support und eure positiven Nachrichten – sie bedeuten mir unglaublich viel!